Der Unterricht an der Waldorfschule

Der Unterricht der modernen Fremdsprachen beginnt bereits in der ersten und zweiten Klasse, weil in diesem Alter das Kind noch unmittelbar nachahmend lernt und Information und Aussprache übernimmt. Dies geschieht zunächst in Rezitationen, Dialogen, Liedern und kleinen Dramatisierungen. Auf diese Weise lebt es sich gewissermaßen in die fremde Sprache ein und verfügt zum Teil über ein beachtliches Sprachvermögen, wenn im 4. Schuljahr Grammatik und Schreiben beginnen. (Der Lateinunterricht - falls er vorgesehen ist - setzt erst im Laufe der Mittelstufe, also ab dem 4. Schuljahr ein.)

Die inhaltlich betonten Fächer wie Schreiben, Lesen, Rechnen, Geometrie, Geschichte, Naturkunde bzw. in der Oberstufe (ab 9. Schuljahr) Deutsch, Geschichte, Kunstgeschichte, Geographie, Biologie, Chemie, Physik und Mathematik werden im sogenannten Epochenunterricht durchgenommen:

Täglich zum Schulbeginn wird im 1 1/2 bis 2 Zeitstunden dauernden so genannten Hauptunterricht durch 3 bis 6 Wochen hindurch ein in sich geschlossenes Teilgebiet eines Faches bearbeitet. Durch tägliche, konzentrierte Beschäftigung und fortschreitendes Einarbeiten hat der Lehrer die Voraussetzung, an der Ausbildung von Erlebnisqualitäten, Fähigkeiten und Begabungen der Schüler zu arbeiten. Andererseits hat jeder Schüler die Möglichkeit, sich, ohne die sonst übliche Unterbrechung, intensiv in ein Gebiet einzuleben und in wirkliche Prozesse zu kommen.

Der beschriebene Epochenunterricht ist auf diese Weise sehr lernökonomisch, denn er fördert die Konzentrationsfähigkeit, ermöglicht eine tiefe Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsgegenstand und führt dann zu dauerhaftem Können. Später vergessene Fakten lassen sich, einmal durch einen solchen vertieften Lernprozeß gegangen, mit geringem Aufwand wieder ins Gedächtnis zurückrufen.

Auch alle Handwerks-, Handarbeits- und künstlerischen Fächer und der Laborunterricht werden in der Oberstufe epochal in 2 bis 3 Doppelstunden pro Woche über einen Zeitraum von 6 bis 8 Wochen unterrichtet, und zwar in kleineren Lerngruppen.

Diejenigen Fächer, die dauernde Übung erfordern, z. B. Musik, Sport, Eurythmie, Handarbeit, Fremdsprachen, in der Oberstufe meistens auch Mathematik und Deutsch (neben den vorgesehenen je 2 Epochen), werden das ganze Jahr hindurch im Einzel- oder Doppelstunden (Oberstufe) unterrichtet, und zwar meist mit halber Klassenstärke.

Das Theaterspielen wird als äußerst wirksames menschenbildendes Mittel betrachtet: Zum Abschluss der 'Klassenlehrerzeit' (8. Schuljahr) und im 12. Schuljahr wird ein abendfüllendes Theaterstück zur Bühnenreife gebracht. Alle Schüler der Klasse sind beteiligt und stellen unter Anleitung auch das Bühnenbild und die Kostüme her. Daneben werden gelegentlich auch Fremdsprachenspiele unterschiedlichen Umfangs einstudiert.

In der Oberstufe (ab 9. Schuljahr) kommt der Projektarbeit z.B. in Form von Praktika eine große Bedeutung zu.

Schließlich sind noch so genannte Jahresarbeiten zu nennen, die im Allgemeinen im 8. und im 12. Schuljahr von jedem Schüler selbstständig angefertigt und bei Bedarf fachkundig begleitet werden.

Um die langfristigen Prozesse der kindlichen Entwicklung, der Differenzierung und Individualisierung gut verfolgen und beeinflussen zu können, führt der Klassenlehrer seine Klasse in allen Fächern des Epochenunterrichts vom 1. bis zum 8. Schuljahr. Regelmäßige pädagogische Beratungen des Klassenkollegiums kommen hinzu.

Erst in der Oberstufe wird der Klassenlehrer von einer Gruppe von Fachlehrern abgelöst, die wissenschaftliche Ausbildungen in ihren Unterrichtsfächern absolviert haben. Einer von ihnen übernimmt die organisatorische Betreuung.