Die Grundrichtung der Waldorfpädagogik

Man kann zwei entgegengesetzte Richtungen von Erziehung und Unterricht charakterisieren. Sie hängen vom Menschenbild ab, das man als Akteur hat. Die eine Richtung läßt sich verdeutlichen durch die Fragen: Was bestimmt heute unsere Gesellschaft? Was für wie qualifizierte Menschen brauchen wir dafür?

Unterrichtsprogramme, die sich hieran orientieren, richten sich nach hochgerechneten Trends und gegenwärtigen Bedarfslagen, folgen also dem Nützlichkeitsprinzip als oberstem Gebot.

Zur Erläuterung dieser Haltung hat jemand etwas bissig "den Heranwachsenden als leere Tafel, die es zu beschreiben gilt", bezeichnet. Diese Richtung geht also ein wenig den Weg der Konditionierung und Anpassung.

Die andere Richtung vertritt die Ansicht: Es ist nicht die Aufgabe der Erziehung, für eine bestimmte Gesellschaft zu erziehen, oder darauf hin, was von dieser Gesellschaft als notwendig empfunden wird.

Vielmehr ist es an der Natur des Menschen abzulesen, was sie braucht, um sich ihrer eigenen Gesetzmäßigkeit entsprechend gesund entfalten zu können: "Die Gesellschaft wird sich in Zukunft nach dem gestalten müssen, was die heranwachsende Generation sich aus ihrem Bewußtsein als Ziel setzt." (Rudolf Steiner)

Nur so kann eine freie Gesellschaft entstehen, nur so können durch das frische Leben immer wieder die Verkrustungen der alten Formen zerbrochen werden und neue Formen zur Geltung kommen.

Der zweiten Richtung fühlt sich die Waldorfpädagogik stärker verpflichtet als der ersten.